„Jörg Buttgereit ist, das lässt sich wohl ohne Übertreibung behaupten, eine lebende Legende. Wenn man nach dem Genre fragt, in dem Buttgereit sein legendäres Unwesen treibt, wird die Sache aber schon schwieriger. Nicht nur, dass er im Bereich Film, Theater, Hörspiel, Comic und Filmkritik tätig ist – Buttgereit unterwandert gern die Erwartungen, die man gemeinhin an Genres stellt und kreiert sich seine eigenen. Gemein ist seinen Werken jedenfalls das Interesse an jenen seelischen Abgründen, die von der Gesellschaft gern verdrängt, geächtet oder gefürchtet werden.“
– Oliver Stangl, ray Filmmagazin
Vortrag – Freitag Block 3
Papiploitation
Wer ist der dicke Mann auf dem Schallplattencover von „die ärzte“? - „Erich Buttgereit, Bierbauch und Männerbusen, einst Bierfahrer, im Unterhemd vorm Fernseher, im Sessel, schlafend, essend, sich über die Lautstärke von Musik beschwerend. Erich Buttgereit rafft nicht, daß sein Sohn Jörg ihn mit versteckter Kamera filmt. „Was soll denn die rote Lampe?" - „Ach, nichts, wir prüfen nur den Belichtungsmesser. MEIN PAPI war ein heimlich gefilmter Kult-Kurzfilm im Berlin der Achtziger, und Jörg Buttgereit fühlte innere Genugtuung, wenn sich das Publikum in den Punk-Clubs johlend über seinen Vater amüsierte, ohne daß der irgend etwas ahnte. MEIN PAPI ist bitterböse und zynisch, Rache und Abrechnung, diffamierend. Aber es wäre kein „typischer Buttgereit", wenn da nicht doch auch Schmerz durchschimmern würde.“ schrieb die Filmjournalistin Annette Kilzer.
In seinem bebilderten Vortrag präsentiert Jörg Buttgereit seinen 8 minütigen Kultfilm als eine Form exploitativer Trauerarbeit und erzählt, wie es sein Papi 2020 posthum auf das Cover der Vinyl-Single „Morgens Pauken“ von „die ärzte“ schaffte.